Pressestimmen zum Jubiläum

Das Kasperle kennt die Verkehrsregeln wie kein anderer

Die Verkehrspuppenbühne lässt seit 50 Jahren Seppl, Gretel und Co. erklären, wie Kinder sicher Straßen überqueren


Tanzend, hüpfend und singend hat das Kasperle gestern Schülern der Heusteigschule Verkehrsregeln auf die moderne Art beigebracht. Paul Barth, der das Puppentheater vor 50 Jahren ins Leben gerufen hat, erinnert sich anlässlich des Jubiläums an ein wesentlich steiferes Bürschle.

Von Ariane Wölpper, Stuttgarter Zeitung, 07.12.2004

Ein "krasses Auto" fährt sein Schutzengel da: Das Kasperle beugt sich staunend über einen flotten orangefarbenen Flitzer. Die himmlische Beschützerin kam angesaust, um dem unachtsam die Straße überquerenden Buben das Leben zu retten - und ihm, dem Seppl, der Gretel und all den Zweitklässlern der Heusteigschule gleich mit beizubringen, dass man nach "links, rechts, links" schauen muss, wenn man sicher über die Straße kommen will. Im Stück "Ein Engel für Kasper" hüpfen die bunten Autos über die Straße und verpassen dem ziemlich verdutzten Kasperle sogar ein Paar Ohrfeigen.

"Autos fahren überall, da kann man nichts dran machen. Ich pass" auf mich selber auf, dann wird es auch nicht krachen", singt der tanzende Kasper dann mit Durchblick zum wiederholten Mal - und all die kleinen Zuschauer sind absolut begeistert.

Nur Paul Barth schüttelt mit dem Kopf. Anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der Verkehrspuppenbühne hat sich der 88-Jährige, der sie damals ins Leben gerufen hat, gestern unter die Kinder im Publikum gemischt. "Das hätte es früher nicht gegeben", erinnert sich der ehemalige Verwaltungsbeamte an die Zeit, als das Kasperle noch keine Luftsprünge gemacht hat. "Damals war die Puppenführung viel strenger", erzählt Barth. "Und jetzt machen sogar die Autos Sätze", sagt er lachend, "aber das ist heute eben drin." Mit damals meint Barth das Jahr 1954 - obwohl die Geschichte der Verkehrspuppenbühne eine kleine Vorgeschichte hat. Denn bereits 1951 rief das Amt für öffentliche Ordnung ein Kasperletheater ins Leben, das damals von der Schutzpolizei bespielt wurde. Aufgrund von Personalmangel gab die Polizei die Puppenbühne 1954 an das Amt für öffentliche Ordnung zurück.

Von da an übernahm Barth dann die Planung der Einsätze der Bühne. Die Stücke, mit denen wechselnde Puppenspieler die Erfolgsgeschichte dann 1955 fortschrieben, hießen beispielsweise "Tochter Unwissend" oder auch "Mit dem Au-Au gegen den Verkehrsteufel". Im Jahr 1979 erfolgte die Übergabe der Verkehrspuppenbühne an die Verkehrswacht Stuttgart e.V., seit 1999 lernen Kinder im Stück "Ein Engel für Kasper" das Überqueren der Straße und die Gefahren im Verkehr kennen.

Auch heute noch erfreuen sich Handpuppen-Kasperle und sein Engel größter Beliebtheit. 190-mal im Jahr werde das von der Stadt finanziell unterstützte Stück inzwischen aufgeführt, so die Erste Vorsitzende der Verkehrswacht, Monika Zinkwe, rund 830 000 Kindergarten- und Schulkinder haben inzwischen ergänzend zum Praxisunterricht von Polizisten vom Kasperle auf die spielerische Art Verkehrsregeln gelernt.

Ob das Kasperle sich nun früher steifer über die Bühne bewegt hat oder heute darauf herumhüpft - zwei Dinge werden sich auch in Zukunft kaum ändern: die Regeln, die es im Verkehr zu beachten gilt, und die Beliebtheit des Burschen mit der roten Kappe.

 

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Tollpatsch, gib Acht! - 50 Jahre Verkehrspuppenbühne

Seit 50 Jahren lernen Vorschulkinder und Schulanfänger vom Verkehrskasperle, wie sie sich auf der Straße richtig verhalten sollen. Mit seiner tollpatschigen und liebenswürdigen Art schafft er es wie eh und je, die Kinder zu begeistern und ihnen ganz nebenbei auch noch etwas beizubringen.

VON KATRIN MEZGER, Stuttgarter Nachrichten, 07.12.2004

"Als wir anfingen, waren die Stücke noch etwas strenger und formaler", erzählt Paul Barth nach der Jubiläumsvorstellung in der Heusteigschule. "Damals wäre es undenkbar gewesen, dass die Autos einen Satz in die Luft machen", sagt der heute 88-Jährige, der 1954 als Mitarbeiter des Amts für öffentliche Ordnung die erste Verkehrspuppenbühne in Stuttgart ins Leben rief.

Barth wurde bereits 1951 von seinem damaligen Chef auf Dienstreise nach Hamburg geschickt, wo es bereits ein Verkehrskasperle gab. Er sollte sich in der Hansestadt Anregungen holen, wie man auch bei uns die Verkehrserziehung altersgerecht gestalten könnte. Und so kam es, dass in der Folge erste Aufführungen stattfanden, bei denen allerdings noch Polizeibeamte die Puppen tanzen ließen. "Doch das war kein Dauerzustand", sagt Barth, und so wandte er sich ans Staatstheater und fand dort professionelle Autoren und Spieler, mit denen er zusammenarbeiten konnte. 1954 war es dann endlich so weit: Mit "Tochter Unwissend" feierten sie die Premiere.

"In rund 190 Vorstellungen im Jahr erreichen wir etwa 9500 Kinder vom Vorschulalter bis zur zweiten Klasse", sagt Monika Zinkwe, die erste Vorsitzende der Verkehrswacht Stuttgart, unter deren Obhut die Verkehrspuppenbühne seit 1979 steht. Finanziert werden die beiden Puppenspieler allerdings bis heute von der Stadt. Insgesamt haben in den 50 Jahren etwa 830 000 Kinder eine der Vorstellungen besucht.

Im aktuellen Stück "Ein Engel für Kasper" wäre das Kasperle ohne seinen Schutzengel Rafaela längst von einem Auto überfahren worden. Ständig muss Rafaela ihn am Kragen packen und auf den Gehweg zurückzerren, wenn er mal wieder vergisst nach rechts und links zu schauen, weil er mit seinem Kopf ganz woanders ist. Doch irgendwann wird es Schutzengel Rafaela zu bunt. Sie zeigt dem Kasperle, wie er über die Straße gehen soll, und er muss ihr versprechen, von jetzt ab selber aufzupassen.

Und genauso müssen auch die Zweitklässler der Heusteigschule dem Kasperle am Schluss ihr großes Ehrenwort geben, immer erst nach rechts und links zu schauen und zu warten, bis die Straße wirklich frei ist, bevor sie loslaufen.

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Mit dem Kasperle sicher zur Schule

Verkehrspuppenbühne Stuttgart ist 50 Jahre alt - Früher Polizisten als Puppenspieler

mih, Cannstatter Zeitung, 07.12.2004

Der Verkehrsteufel ist längst überholt. Aber die Stuttgarter Verkehrspuppenbühne gibt es immer noch. In den vergangenen 50 Jahren haben an die 830 000 Kinder Verkewhrserziehung beim Kasperle genossen.

Die kleine Bühne steht schon: eine Strasse, eine Verkehrsampel und das Schulgebäude als Kulisse. Samir will es trotzdem noch nicht wahrhaben. "Jetzt kommt gleich der Nikolaus." ist er überzeugt. Seine Mitschüler aus der zweiten Klasse der Heusteigschule meinen, es besser zu wissen: "Nein, das ist ein Theater über Polizisten." Aber die zwei Beamten, die sonst in die Klassen gehen und mit den Kindern Verkehrsregeln üben, sitzen in der letzten Reihe. Kasper und mit ihm seine engsten Gefährten Gretel, Seppel, die Oma und ein Schutzengel sind an diesem Vormitteg die Hauptdarsteller.

Seit 1954 gibt es die Stuttgarte Verkehrspuppenbühne. Seit 25 Jahren wird sie mit einem städtischen ZUschuss von der Verkehrswacht organisiert. Auf knapp 200 Auftritte kommen sie damit im Jahr. Zum 50-jährigen Jubiläum guckt auch Paul Barth zu, der das Stuttgarte Verkehrskasperle zum Leben erweckt hat. Heute ist dieser Name geschützt - ein Verlag hat ihn sich gesichert. Und auch sonst hat sich einiges geändert. Die Stücke hiessen damals noch "Tochter Unwissend" oder "Mit Au-Au gegen den Verkehrsteufel". Gespielt wurden sie von Polizisten. "Und das einfach mal so ein Auto durch die Luft fliegt, wäre früher undenkbar gewesen." sagt Herr arth. Dass in dem Spiel. mit em die Verkehrswacht auf Tournee durch alle Stuttgarte Kindergärten und Schulen ist, ein Schutzengel und nicht mehr der Kasper die dominierende Rolle übernimmt, gefällt dem heute 88-jährigen nicht so gut. "Die Kinder müsste stärker einbezogen werden, dem Kasper vorgeben, was er zu tun hat." Aber das, sagt Puppenspieler Rolf Högemann, funktioniere heutzutage nicht mehr: "Die Kinder lassen sich zu sehr ablenken."

Eindruck macht der freche Zipfelmützenträger erstaunlicherweise auf die Kinder heute noch wie damals. Kein Computer, keine Comicfigur hat ihn ersetzt. "Aahs" und "Oohs" raunen durch den verdunkelten Musiksaal, wenn die kleine Drehbühne sich von Omas Küche in die Strassenkreuzung vor der Schule verwandelt. Nur einer kann jetzt noch für helle Aufregung sorgen und von den Verkehrsregeln ablenken: Es bumpert an der Tür. Der Nikolaus ist da!

 

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